
Glashausfantasie 3 / WER IM GLASHAUS SITZT … / Video / Hp23 / Linz / Juni 2020




Ein Glashaus, darin 6 Freundinnen, die um eine weiß betuchte Tafel sitzen. Darauf ein Berg Kirschen. Nun werden die Kirschen gegessen, die Kerne kurzerhand ausgespuckt. Klick klackklack klickklack. Die Kerne fliegen durch den engen Raum und stoßen erst an die Wände, landen dann am Boden. Sehr langsam wird der Kirschenberg in der Mitte kleiner, der Boden bedeckt mit Kernen. Wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinobst werfen? Ausgehend vom Readymade-Gedanken nutzen die freundinnenderkunst ein Glashaus als Kunstobjekt, das sie nur insofern verändern, als sie dieses durch ihre Anwesenheit in performativer Form bespielen und damit inhaltlich anders ausrichten. Mit einem Tisch, Hockern und einem Berg Kirschen ausgestattet erklären sie das Glashausobjekt zum Performanceraum, den die Künstlerinnen als akustischen Klangkörper, als Behältnis für ihre Aktion und als Körper für die Gruppenzusammenkunft zum Kunstwerk erheben. Scheinwerfer werden aufgebaut, Kameras und Mikrofone installiert. Das Glashaus wird zum Filmlabor. Sechs Frauen in weißen Blusen und mit weißen Perücken betreten den beengten Glasraum. In einer Runde um den Kirschenberg sitzend, kauen die Künstlerinnen genüsslich den Kern aus dem Fruchtfleisch der Kirschen, spitzen dann die Lippen und katapultieren den Kern in den Glashausraum. Das Steinobstinnere prallt an den Glashauswänden ab. Mit Fruchtfleisch versetzt klatschen die Kerne auf den Tisch, auf die Künstlerinnen und den Boden. Das Motiv eines lebendigen, sich verändernden Stilllebens drängt sich auf. Die Vergänglichkeit wird performt und gefilmt. Ein archetypisches Bild der Gemeinsamkeit, das über Leben und Tod hinaus Beständigkeit hat. Werden und Vergehen im Glashaus werden thematisiert. Unbeflecktes Weiß und emotionsbeladenes Rot sind zentrale Farben der Performance. Rot ist die Farbe, bei der die meisten Gefühle ausgelöst werden. Einerseits steht Rot für Liebe und Leidenschaft, andererseits für Körper und Blut. Aus weiß wird rot. Kirschsaft verfärbt Tischtuch und Blusen. Die Künstlerinnen spucken an gegen gesellschaftliche Konventionen. Die Form verliert an Bedeutung. Sie befreien sich. Am Ende bleibt das Geschehen ein Ereignis in der Gruppe. Die sechs verschworenen Frauen behalten den Zauber des Augenblicks bei sich.








Foto & Video: freundinnenderkunst